Etikettenschwindel..

Ihr habt Probleme mit anderen Marken? Oder mit Sachen, die nicht euren Löwen betreffen? Dann ist das genau die richtige Schublade für euch.
Benutzeravatar
lunic
TÜV-Schreck
Beiträge: 1921
Registriert: Sa 21.05.05 18:22
Land: Deutschland

Etikettenschwindel..

Beitrag von lunic » Di 26.02.13 16:17

Moin,

ich wollte mal ein kleines politisches Fass aufmachen. :motz:
Und zwar beschäftigt mich ein Phänomen, dass zur Zeit recht aktuell, aber auch sicher nicht neu ist und das man als Etikettenschwindel bezeichnen könnte. Und da dachte ich, ich erzähl einfach mal. ^^

So richtig aufmerksam wurde ich darauf jetzt mit dem jüngsten Skandal, dem falsch deklarierten Fleisch und auch den Bio-Eiern - aber es gibt IMO viele ganz verschiedene Beispiele, die auf den ersten Blick gar nicht vergleichbar sind, aber doch von ähnlichen Gedanken getragen werden (ich zähl mal in loser Reihenfolge auf):

- Umweltzone / Umweltplakette: Wenn man heute in eine größere Stadt fährt, bekommt man immer öfter ein stolzes Schild mit der Aufschrift 'Umweltzone' zu sehen und passend dazu viele Autos mit grünen Plaketten. Die Suggestion: Hier wird die Umwelt geschont, was sollte das Schild sonst aussagen? Tatsächlich ist die Stadt die gleiche wie vorher mit all den Abgasen, nur die Beschriftung ist eine neue. Eine 'nur' messbare Veränderung ist halt keine tatsächliche.
- grüner Punkt: Eine Plastikverpackung verrottet nicht, auch wenn man sie als 'grün' bezeichnet. Der Glaube allein, dass die Verpackung plötzlich keinerlei Umweltprobleme mehr verursacht, weil sie einheitlich gesammelt wird, ändert daran nichts.
- Autoreifen-Label: Mit dem neuen EU-Label entsteht der Anschein, dass alle Autoreifen anhand dreier Kriterien (Spritverbrauch, Haftung auf Nässe, Lautheit) nach ihrer Qualität abschließend beurteilt werden können - andere Faktoren bleiben außen vor. Was nützt dieses Label für die Beurteilung, was der Reifen tatsächlich kann?
- neue GEZ: Die Qualität des ÖR-Rundfunks gleicht sich immer mehr den privaten Sendern an, insbesondere was die Häufigkeit und Intensität der Werbung angeht, die Einblendung von Trailern im laufenden Programm, 'Abschneiden' der Spielfilme vor dem Abspann.. ein 'Prädikat' ist die Bezeichnung ARD/ZDF jedenfalls nicht mehr. Was man bezahlt, ist ein alterndes Image.
- Euro-Währung: Wir schreiben auf Lire, Peseten und Drachme einfach Euro drauf und schon sind es stabile Währungen und ihre Länder kraftstrotzende Volkswirtschaften. Der Bluff ist wohl geplatzt.
- Lebensmittel-Siegel: Die 'geschützte Herkunftsbezeichnung' einer EU-Verordnung sieht man immer häufiger auf Schwarzwälder Schinken oder bayrischem Bier - letzt endlich geht die VO aber so weit, dass es ausreicht, wenn das Produkt überhaupt mal in der Region gewesen ist oder dort mit fremden Zutaten produziert wurde - mehr nicht. Das Bio-Siegel ist ebenfalls ein recht dehnbarer Begriff, der in der Hauptsache dem Profit der Agrarwirtschaft dienlich ist, aber von artgerechter Haltung der Tiere oder komplettem Verzicht auf Pestizide weit entfernt ist.


Soweit zu politisch motivierten 'Etiketten', denke es ist einigermaßen klar was ich meine.. Privatwirtschaftlich gibt es natürlich die schiere Menge an suggestiven Labeln vom Activia-Gebräu über Kinderschokolade bis zum Marlboro-Mann..

Aber es gibt auch eine Gegenbewegung zu dieser Fülle an irreführenden Bezeichnungen, nämlich auf dem sozialen Sektor. Da hat die nationale Armutskonferenz mal 23 Unwörter gekürt, die man wegen ihrer Missverständlichkeit nicht mehr sagen sollte: http://nationalearmutskonferenz.de/inde ... -unwoerter

Es geht also auch andersrum: Man benennt etwas einfach neu, so dass keine mehr weiß was es vorher war und das bezeichnete Problem ist weg.

Was meint ihr, leben wir in einer Bananenrepublik oder kommt es mir nur so vor?

Gruß

Benutzeravatar
Horst B
Motorabwürger
Beiträge: 1039
Registriert: Mi 10.08.05 21:43
Postleitzahl: 07318
Land: Deutschland
Wohnort: SLF

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von Horst B » Di 26.02.13 17:30

Dass aus privaten oder politischen Interessen heraus Dinge gezielt verschleiernd oder beschönigend oder oberflächlich (und damit häufig unkorrekt reduzierend) dargestellt werden, ist ein alter Hut. Hinzu gesellt sich dann das Phänomen, dass sich gewisse Fehlbezeichnungen im allgemeinen Sprachgebrauch verblüffend schnell verselbständigen und sich dabei in ihrer ursprünglichen Bedeutung nochmals weiter verfremden.

Mit Bananenrepublik hat das nichts zu tun - oder richtiger: Der Begriff der "Bananenrepublik" ist selbst solch eine sinnverdrehte Bezeichnung! Anfangs wurden einzig solche Länder so bezeichnet, die nur oder vorwiegend Bananen exportierten bzw. produzierten. Der heute zugeschriebene Nebensinn entstand erst nach 3 oder 4 Bedeutungswandeln.
:dummguck:
Horst B
Peugeot 205 CTI BJ 02/93 . TZ 12/94 . EZ 08/96
stillgelegt 10/02, mit 55.000km gekauft und seit 04/05 wieder auf der Piste; EURO2
Einen MB E200T Kompressor, einen MB SL320 und einen Citroën BX16 TZI Automatic fahr ich auch noch..

Benutzeravatar
lunic
TÜV-Schreck
Beiträge: 1921
Registriert: Sa 21.05.05 18:22
Land: Deutschland

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von lunic » Di 26.02.13 22:10

Hi,
wahrscheinlich hat schon Aristoteles in seiner Zeit bemängelt, dass in seiner Amphore nicht das drin war, was drauf stand - aber deshalb ist das Thema noch lange kein alter Hut.
Mir ging es auch nicht nur um die Bedeutung von Worten, sondern um die Verschleierung von Tatsachen.
Mein Beispiel mit dem Euro (und dessen Rettung) läuft gerade auf arte..in einer Doku wird gefragt, wer denn das Geld tatsächlich bekommt, das durch ESM etc bezahlt wurde. Offiziell wird das Siegel der Rettung unserer gemeinsamen Währung draufgedruckt,
aber dass es tatsächlich die Rettung von Banken ist, die sich grob verspekuliert haben und in Spanien oder Irland Immobilien in völlig überzogener Menge finanziert haben, wird nicht öffentlich gemacht.
Aktuell genug?

Gruß

Benutzeravatar
freeeak
Rettungswagenüberholer
Beiträge: 4496
Registriert: Fr 28.05.10 19:31
Postleitzahl: 72135
Land: Deutschland
Wohnort: Steinenbronn

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von freeeak » Mi 27.02.13 09:35

Naja der grüne punkt ist ja kein kompletter schwindel.vieles davon wird ja doch wiederverwertet.
Bist ungeschickt, hast linke Hände?

Läufst gegen Türen und auch Wände?

Kannst nicht schrauben und nicht lenken?
...
Hast auch Probleme mit dem Denken?

Kriegst nicht mal deine Schuhe zu?

Du bist ein Mann für A.T.U.

Sputnik89

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von Sputnik89 » Mi 27.02.13 11:23

Meine Meinung dazu:


fahrt aufs Land und holt euch die Milch, das Fleisch und die Eier vom Bauern eures Vertrauens und schaut euch an wie das da abläuft.


Bin so halb auf einen Bauernhof mit aufgewachsen und weiß wie das abläuft. Deswegen habe ich auch stellenweise eine Abneigung gegen das Zeuchs aus der Kühltruhe beim Discounter, lieber gehe ich zum Fleischer - da weiß man was man hat und besser schmeckt es meistens auch noch!!!


Es geht nichts über frischen Hackepeter. :lachkreisch:

Benutzeravatar
Horst B
Motorabwürger
Beiträge: 1039
Registriert: Mi 10.08.05 21:43
Postleitzahl: 07318
Land: Deutschland
Wohnort: SLF

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von Horst B » Mi 27.02.13 12:18

lunic hat geschrieben:Hi,
wahrscheinlich hat schon Aristoteles in seiner Zeit bemängelt, dass in seiner Amphore nicht das drin war, was drauf stand - aber deshalb ist das Thema noch lange kein alter Hut.
Mir ging es auch nicht nur um die Bedeutung von Worten, sondern um die Verschleierung von Tatsachen.
Mein Beispiel mit dem Euro (und dessen Rettung) läuft gerade auf arte..in einer Doku wird gefragt, wer denn das Geld tatsächlich bekommt, das durch ESM etc bezahlt wurde. Offiziell wird das Siegel der Rettung unserer gemeinsamen Währung draufgedruckt,
aber dass es tatsächlich die Rettung von Banken ist, die sich grob verspekuliert haben und in Spanien oder Irland Immobilien in völlig überzogener Menge finanziert haben, wird nicht öffentlich gemacht.
Aktuell genug?

Gruß
Jeder liest das, was er gerne lesen möchte. "Ein alter Hut" bedeutet lediglich "nichts Neues". Das schließt aktuelle Gültigkeit ja in keinster Weise aus! Du hingegen empfindest es offensichtlich eher als primär "neues" Thema oder in letzter Zeit zunehmend systematisch eingesetzte Methode zur Verblendung unangenehmer Tatsachen. Dieser gezielten (systematischen) Verschleierung von Tatsachen aus privatem oder politischem Interesse hab ich im Übrigen in meinem Einleitungssatz definitiv zugestimmt, habe nicht nur hohle Wortspiele getrieben - nur der Vergleich mit der "Bananenrepublik" hatte mir nicht gefallen... :D
Horst B
Peugeot 205 CTI BJ 02/93 . TZ 12/94 . EZ 08/96
stillgelegt 10/02, mit 55.000km gekauft und seit 04/05 wieder auf der Piste; EURO2
Einen MB E200T Kompressor, einen MB SL320 und einen Citroën BX16 TZI Automatic fahr ich auch noch..

Benutzeravatar
obelix
Administrator
Beiträge: 19463
Registriert: Mi 21.03.01 00:00
Postleitzahl: 71640
Land: Deutschland
Wohnort: Ludwigsburg
Kontaktdaten:

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von obelix » Mi 27.02.13 12:46

Horst B hat geschrieben:... nur der Vergleich mit der "Bananenrepublik" hatte mir nicht gefallen... :D
gefällt mir auch ned.
die bezeichnung bananenrepublik ist eindeutig falsch.
denn bei uns ist es weitaus schlimmer...
in ner "echten" isses deutlich erkennbar, bei uns wird im verborgenen geklüngelt.
da bekommt der normalbürger meist gar ned mit, wie er beschissen wird *grins*

gruss

obelix
308SW, der aktuelle Alltagshobel: VF34H5FWC9S197117
Meine Oldtimer

Benutzeravatar
lunic
TÜV-Schreck
Beiträge: 1921
Registriert: Sa 21.05.05 18:22
Land: Deutschland

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von lunic » Mi 27.02.13 17:30

Horst B hat geschrieben: nur der Vergleich mit der "Bananenrepublik" hatte mir nicht gefallen... :D
Ich wollte die Bananenrepubliken dieser Erde mit meinem Vergleich auch in keinster Weise diskreditieren..
obelix hat geschrieben: gefällt mir auch ned.
wirklich nicht!!

@Sputnik89 - Ich geb dir Recht, was die Qualität beim Bauern um die Ecke angeht, aber versorge mal ganze Städte mit solchen Bauernhöfen?

Gruß

Benutzeravatar
Matt´n
Strafzettelsammler
Beiträge: 450
Registriert: Mi 22.08.07 07:01
Postleitzahl: 40589
Land: Deutschland
Wohnort: Düsseldorf
Kontaktdaten:

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von Matt´n » Mi 27.02.13 18:52

Das hauptproblem ist doch, das sehr vieles Billig produziert werden MUSS.

Man denke an all die Hartz4 ler, and die wenigverdiener, Studenten usw.
Die können sich das "gute" Zeug doch garnicht leisten, sollen die dann einfach nichts mehr essen ?
Bild

Benutzeravatar
lunic
TÜV-Schreck
Beiträge: 1921
Registriert: Sa 21.05.05 18:22
Land: Deutschland

Re: Etikettenschwindel..

Beitrag von lunic » Do 28.02.13 15:58

Hi,
man muß ja nicht gleich die Sarrazin'sche Formel bemühen, aber man kann sich auch als Student mit kleinem Geld gut ernähren - ich sprech da aus Erfahrung. Gemüse bekommt man eigentlich immer ganz gut aus der Region auch im Supermarkt, bei tierischen Produkten (Fleisch, Eier, Milch, Käse etc) ist es allerdings nicht so einfach. Wobei man schon eine Menge sparen kann, wenn man wenig Fleisch isst. Teuer sind ja eigentlich eher die Fertigschnitzel aus der Kühltheke oder Fertiggerichte, Gemüsekonserven, Fertignudeln etc..
Interessant fand ich da auch ne Aussage zu einer Forschung neulich auf 3sat: Es ging um Versuche, wie man Apfelscheiben davor schützen kann, an der Luft braun zu werden. Dafür wurden einige Chemikalien benutzt, um dann solche Apfelstücke in den Obstbechern im Supermarkt verkaufen zu können.
Dass man sich das Geld für die Forschung und auch für den Fertigobstbecher sparen kann, wenn man den Apfel am Stück kauft fand ich da schon ziemlich einleuchtend. Man bezahlt da eigentlich nur die Bequemlichkeit.

Gruß

Antworten